radiologische Folgen

In Fukushima kam es in Folge des Unfalls zu einer Freisetzung radioaktiver Stoffe. Unsere Medien waren voll von Meldungen über Bequerel, Gray und Sievert.

Wenn Sie das Wort Radioaktivität hören, welche Assoziationen haben Sie dann dabei? Sicherlich denken Sie an Atombomben, Tschernobyl und sonstige schreckliche Errungenschaften der Technik.Radioaktivität ist überall in unserer Umwelt. Ohne Radioaktivität wäre Leben auf dieser Erde nicht möglich. Viele Wissenschaftler glauben, dass auch eine Evolution der Arten ohne Radioaktivität nicht möglich gewesen wäre. 
Radioaktivität, radioaktiver Zerfall oder Kernzerfall ist die Eigenschaft instabiler Atomkerne, sich spontan unter Energieabgabe umzuwandeln. Die freiwerdende Energie wird in fast allen Fällen als ionisierende Strahlung nämlich energiereiche Teilchen (α-Strahlung) und/oder Beta- oder Gammastrahlung abgegeben.

Im Bild wird der radioaktive Zerfall des Radiumatoms dargestellt. Es zerfällt in ein Radonatom und ein Heliumatom ein sog. Alphateilchen. Radium ist also ein Alphastrahler genauso wie z.B. Plutonium.
Beim Zerfall wird energiereiche Strahlung ausgesandt, deren Reichweite sehr unterschiedlich ist. 
α-Teilchen sind zwar sehr energiereich, haben aber nur eine ganz geringe Reichweite. So ist z.B. die Strahlung des als so unglaublich giftig hingestellte Plutoniums schon durch ein paar Blätter Papier abzuschirmen. Nur einatmen oder in den Körper bringen darf man es nicht. Dann ist seine Wirkung verheerend. Aber das ist auch so mit jedem anderen hochgiftigen nicht strahlenden Stoff. 
Die Reichweite von Beta- und Gammastrahlung ist sehr unterschiedlich und hängt von der Energie und der Abschirmung ab.

Die Einheit für den radioaktiven Zerfall ist das Bequerel. 1 Bequerel bedeutet den Zerfall eines Atoms pro Sekunde

 Hier einige Werte der Radioaktivität in unserer Umwelt

Nahrungsmittel 
50 Bq/kg Frischmasse (FM) im Obst 
380 Bq/kg FM in reifen Erbsen oder Bohnen 
50 Becquerel pro Liter (Bq/l) in Kuhmilch 
100 Bq/kg (Becquerel pro Kilogramm) FM in Fleisch, Leber und Nieren von Rindern
180 Bq/kg in Milchpulver und Wurstdauerwaren
Wasser
10 Bq/l
Freigabe des Badestrands bei Iwaki als 10 Bq/l gemessen wurden 
Luft
100 Bq/m³
Böcksteiner Heilstollen 43000 – 160 000 Bq/m³ 
Boden
1000 Bq/m² 
im Körper 
10 000 Bq, im wesentlichen K 40 und C 14 
In der Nuklearmedizin
500 -800 MBq (MegaBequerel = Millionen Bequerel)

Strahlenwirkung 
Die Strahlenwirkung die vom biologischen Gewebe absorbiert wird, wird durch die effektive Dosis ausgedrückt und wird in Sievert gemessen.Um Ihnen zu helfen die Dosiswerte richtig einzuordnen, hier einige Beispiele von typischen Werten. 
Durchschnittlich beträgt die natürliche Strahlendosis weltweit im Mittel ca. 2,5 mSv pro Jahr. In den Alpen oder im Tessin ist sie aber vielerorts 5 mSv oder sogar 10 mSv pro Jahr, so dass die dortige Bevölkerung während ihres Lebens eine Gesamtdosis von mehreren hundert Millisievert abbekommt.

Die durchschnittliche Strahlenbelastung in Deutschland zeigt das folgende Bild:


Der weltweit am stärksten belastete Ort ist wohl Ramsar im Iran. Dort herrscht eine natürliche Radioaktivität von etwa 80 mSv/a, an ­einigen Stellen sogar bis 250 mSv pro Jahr. Dennoch sind keine negativen Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung bekannt. Ramsar ist im Gegenteil ein vielbesuchter Kurort, der als besonders gesundheitsfördernd gilt. 
Außergewöhnlich ist die hohe natürliche Radioaktivität der Strände in der brasilianischen Küstenstadt Guarapari. Sie wird durch den thoriumhaltigen schwarzen Sand verursacht. Die Energieäquivalentdosis beträgt im Mittel ca. 80 mSv pro Jahr. Trotz oder vielmehr wegen dieser hohen Strahlenbelastung trägt die Stadt den Beinamen cidade saude, übersetzt: Stadt der Gesundheit. Dem Aufenthalt an den radioaktiven Stränden wird eine heilende Wirkung nachgesagt. 
Sie kennen vielleicht auch die Radonbäder im Gasteiner Tal in Österreich und in Jachimov (Joachimstal) in Tschechien. Eine Kur in diesen Orten ist gesundheitsfördernd obwohl sie dabei Dosen von bis zu 3 mSv erhalten. 

Strahlenrisiko

Wie läßt sich nun aus der effektiven Dosis ein Risiko berechnen? Hier muss man unterscheiden zwischen Schäden, die man sofort erkennt und einordnen kann und Schäden die erst später auftreten. Ein guter Vergleich ist da die Sonnenstrahlung. 
Bei hohen effektiven Dosiswerten kommt es zu sogenannten Deterministischen Schäden
Deterministische Schäden sind Schäden, die direkt zu Reaktionen des Zellgewebes oder dessen Schädigung führen können. Sie treten erst ab einer sogenannten Schwellendosis bei hohen Dosen auf. Ab einer effektiven Dosis von etwa 1 Sv können beispielsweise Hautrötungen auftreten. Hohe Dosen führen zur sogenannten Strahlenkrankheit, die ab etwa 3 bis 5 Sv bei fehlenden medizinischen Maßnahmen zum Tode führen kann. 
Bei geringeren effektiven Dosiswerten können sog. Stochastische Schäden auftreten 
Unter stochastischen Schäden werden solche verstanden, die z. B. Krebserkrankungen auslösen oder zu vererbbaren Erkrankungen führen können. Generell lässt sich ein Kausalzusammenhang zwischen einer Strahlenexposition und der Entstehung von Krebs nur statistisch belegen. Unterhalb einer Dosis in einer Größenordnung von rund 100 mSv ist die Erhöhung des Krebsrisikos nach heutigem Kenntnisstand mit statistischen Mitteln nicht mehr vom allgemeinen Krebsrisiko zu trennen.

Welches Risiko besteht nun, wenn man sich einer zusätzlichen Strahlung – neben der natürlichen und der zivilisatorischen Strahlung von aussetzt?
Das statistische Risiko an Krebs zu erkranken beträgt in Deutschland 25%. Dies sagt natürlich nichts aus über die Schwere der Erkrankung und den Verlauf der Erkrankung. Der Dosis Risiko Umrechnungsfaktor beträgt 10% pro Sv. d.h., dass sich das Risiko an Krebs zu erkranken um 10% erhöht bei einer Dosis von 1 Sv. Um einige Werte einmal zu verdeutlichen, hier einige Vergleiche.

  • Verzehr von 200g kontaminierten Wildschweinfleisch -> 1µSv: -> Risiko steigt von 25% auf 25,00001%
  • ein Jahr in Freiburg leben statt in Hamburg -> 1 mSv: -> Risiko steigt von 25% auf 25,01%
  • eine CT-Untersuchung -> 10 mSv: -> Risiko steigt von 25% auf 25,1%
  • verstrahlte AKW-Arbeiter in Fukushima -> 200 mSv: -> Risiko steigt von 25% auf 27%

Aus den Ablagerungen von Cs-134 und Cs-137 wurden die Strahlendosen ermittelt. Die maximale Strahlendosis in den nicht evakuierten Bereich beträgt danach 8 µSv/h. Diese Belastung wird aufgrund der Dekontaminierungsarbeiten und wegen der geringen Halbwertszeit von Cs-134 von nur 2 Jahren in Zukunft deutlich abnehmen. 
Das bedeutet, dass viele der Gebiete schon heute deutlich geringere Strahlung aufweisen als die natürliche Strahlung in manchen Gebieten auf der Welt wie z.B. Ramsar.

Die Abnahme der radiologischen Expositionen lässt sich sehr gut in den folgenden Grafiken erkennen:
aus GRS-S-55(2015)

Hier wird deutlich, dass es nur in dem roten Bereich eine Exposition gibt, die über 19 µSv/h liegen. 
Zum Vergleich: Die natürliche Strahlenexposition an den Stränden der Stadt Guarapari in Brasilien (auch als cidade saude = gesunde Stadt bekannt) liegt bei 27 µSv/h.

 Zum Schluss noch ein Vergleich der radiologischen Belastung in Fukushima und Tschernobyl jeweils etwa 1 Monat nach dem Unfall

Man sieht deutlich, dass es sich in Tschernobyl um einen Unfall mit wesentlich gravierenderen Auswirkungen gehandelt hat als in Fukushima. Beide Unfälle wurden jedoch auf der INES Skala mit der höchsten Stufe 7 bewertet, was zeigt, dass die INES Skala in diesem Bereich doch erhebliche Defizite aufweist.

Eine sehr gute Zusammenfassung der radiologischen Folgen von Tschernobyl und Fukushima ist in einem  Video   (in Englisch) zusammengefasst.

Informationen zu Tschernobyl:

BfS-Bericht
sehr interessant hier: Kapitel gesundheitliche Folgen.