Das Märchen von der ungelösten Endlagerfrage
Bei der Nutzung von Kernenergie in der Stromerzeugung, in der Kernforschung, in der Industrie und in der Medizin entstehen radioaktive Abfälle, die entsorgt werden müssen. Selbst wenn heute alle Kernkraftwerke wundersam verschwinden würden, müssten die radioaktiven Abfälle aus Medizin, Forschung und Industrie sicher endgelagert werden, wobei die Quantität des Abfalles nur eine untergeordnete Rolle spielt. Ebenfalls müssten aufgrund von vertraglichen Verpflichtungen, die aus der Wiederaufarbeitung nach Deutschland zurückgeführten Abfälle in Deutschland sicher endgelagert werden. Es stellt sich also nicht die Frage, ob wir eine Endlagerung von radioaktiven Abfällen brauchen, sondern nur die Frage, wie und wo wir diese Abfälle lagern wollen.
Wenn man heute keine zusätzlichen radioaktiven Abfälle mehr wollte, müsste man auch die gesamte Nuklearmedizin insbesondere zur Krebsbehandlung, die industrielle Anwendung von radioaktiven Materialien wie zum Beispiel bei der Bestrahlung von Materialien zur Keimfreiheit und auch die gesamte Kernforschung verbieten.
Ich möchte mich im Folgenden auf den weiteren Umgang mit abgebrannten Brennelementen beschränken, wie sie aus dem Leichtwasserreaktoren kommen. Ist das wirklich atomarer Abfall, also „Atommüll“?
Das Bild links zeigt den Uranbrennstoff, wie er in den Reaktor eingebracht wird und rechts wie er, nachdem er „abgebrannt“ ist, wieder entnommen wird. Das Material des abgebrannten Brennstoffes ist zu 97% wieder verwendbar und wird aufgrund ausschließlich politischer Entscheidungen als „Atommüll“ bezeichnet.
Ein Brennelement aus einem deutschen Leichtwasserreaktor enthält nach der Entladung ca. 3,60 % Spaltprodukte. Schon nach einem Jahr sind 3% in einem stabilen – also nicht mehr radioaktiven – Zustand. Zu den 0,60% dann noch radioaktiven Spaltprodukten kommen noch 0,9% Plutonium und 0,70% minore Aktinoide, wobei nur die minoren Aktionoiden und das Plutonium langlebig sind.
Welche Möglichkeiten gibt es nun mit den abgebrannten Brennelementen aus Leichtwasserreaktorn zu verfahren?
- Die Brennelemente werden in speziellen Behältern (das sind keine Castoren) in ein Endlager gebracht. Hier unterscheidet man aber zwischen einer Lösung, welche die Rückholung erlaubt und der „deutschen Lösung“, welche die Brennelemente über geologische Zeiträume – also praktisch für immer – sicher einschließt.
- Die Brennelemente werden aufbereitet und wiederverwendet. Die abgebrannten Brennelemente enthalten, wie das obige Bild verdeutlicht immer noch ca. 95% Uran, 1% Transurane und 4% Spaltprodukte. Das Uran wird wieder neu angereichert, das Plutonium zu sog. Mischoxid-Brennelementen verarbeitet und lediglich die Spaltprodukte und minoren Aktinoiden verglast und als “Atommüll endgelagert”. Der dadurch entstandene Atommüll ist von der Menge her sehr gering (ca. 1/25) aber auch langlebig (durch die minoren Aktinoiden).
- Die Brennelemente werden nach einer Aufbereitung als Brennstoff für schnelle Reaktoren benutzt. Solche Reaktoren sind bereits in Betrieb (BN600 u. BN800 in Belojarsk). Bei dieser Methode wird Uran zusammen mit allen Transuranen (also auch Plutonium und den minoren Aktinoiden) verbraucht. Eine Endlagerung ist damit nur mehr für die übrigen Spaltprodukte erforderlich und zeitlich überschaubar (< 300 Jahre).
Eines der am meisten gebrauchten Argumente ist: „Die radioaktiven Abfälle müssen für Millionen von Jahren sicher vor der Umwelt verschlossen werden“.
Hier wird der Eindruck erweckt, dass eine Generation – nämlich die jetzt lebende – für nachfolgende Generationen irgendetwas festlegen kann. Dies ist gelinde gesagt arrogant, denn es impliziert, dass die derzeit lebende Generation die klügste jemals lebende Generation ist. Oder würden Sie die Ratschläge von Menschen aus dem Mittelalter für Ihr jetziges Verhalten befolgen? Nachfolgende Generationen werden jedoch ein sehr viel größeres Wissen haben als die jetzige Generation und werden verbleibende technische Probleme der Endlagerung sehr viel besser lösen können als wir. Ich denke hier an die Transmutation und die Verbrennung von radioaktiven Stoffen in Reaktoren schon der 4. Generation.
Das Abklingen dauert nicht eine Million, sondern gut 100.000 Jahre. Und dies auch nur wegen des Plutoniums, welches aber keinesfalls Müll, sondern wertvoller Brennstoff für Schnellspalt-Reaktoren ist. Deren Inbetriebnahme hat die Anti-Atombewegung in der 80er Jahren allerdings erfolgreich zu verhindern gewusst (Kalkar).
Da die Beseitigung und gleichzeitige Nutzung von Plutonium technisch längst gelöst ist, bleiben nur die Spaltprodukte als tatsächliches Abfallproblem. Hier ist die Lagerzeit nur noch einige 100 Jahre. Die Abfallmenge ist dabei extrem gering: Ein Mensch, der sein ganzes Leben lang seinen Strom ausschließlich aus Kernenergie bezieht, hinterlässt dabei gerade einmal 100 Gramm. Und die strahlen mit 1 TBq so schwach, dass man sie sich sogar, geschirmt mit einigen Zentimetern Blei, unters Bett legen könnte.
Die in etwa 1 Millionen Jahren dominierenden, wenigen beweglichen Spaltprodukte, die dann vollständig in die Biosphäre übertreten könnten, erhöhen die Belastung um maximal 50% der natürlichen Belastung, wenn sie komplett in die Menschen verteilt gelangen würden – dies ist ungefährlich.
Quelle: http://100-gute-antworten.de/lesen/
Historie der Endlagersuche in Deutschland
1957 die Deutsche Atomkommission weist auf die Notwendigkeit der sicheren Endlagerung radioaktiver Stoffe hin.
1959 Vorschriften zur schadlosen Verwertung von radioaktiven Abfällen im Atomgesetz festgeschrieben
1973/1974 Beginn der Planung eines nuklearen Entsorgungszentrums
1976 Festlegung, dass die Endlagerung von radioaktiven Abfällen Aufgabe des Staates ist.
1979 Beginn der Arbeiten zur Erkundung des Standortes Gorleben
19.03.1980 Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge verabschiedet.
2000 Beginn des Gorleben-Moratoriums zur Klärung von konzeptionellen und sicherheitstechnischen Zweifelsfragen des Bundes
2005 Synthesebericht des Bundesamtes für Strahlenschutz.
Konzeptionelle und sicherheitstechnische Fragen der Endlagerung radioaktiver Abfälle
Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen die Punkte auf, für die Regelungs- bzw. Entscheidungsbedarf besteht. Weitere wissenschaftlich-technische Arbeiten liefern hierzu keine zusätzlich relevanten Informationen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ergibt sich aus generischen Fragestellungen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle kein grundsätzlicher Forschungsbedarf mehr. Die noch denkbaren Wissenslücken müssen endlagerspezifisch beantwortet werden. Ihre Relevanz für die Sicherheit des Endlagers kann nur mit standort- und anlagenspezifischen Sicherheitsanalysen ermittelt werden.
2010 Wiederaufnahme der Erkundung, Beauftragung einer „Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben“ (VSG)
2011 Vorschlag eines „Dialog- und Beteiligungsprozesses“ durch das BMU
11.2012 Erneute Unterbrechung der Erkundungsarbeiten
Zuständigkeiten bei der Endlagerung
Immer wieder wird behauptet, dass die Betreiber von Kernkraftwerken zuständig für die Endlagerung sind. Dies ist falsch, denn die Zuständigkeit für die Erkundung, die Errichtung, den Betrieb und die Stilllegung eines Endlagers liegen alleine bei der Bundesregierung. Die Betreiber sind nur für die Finanzierung der Endlagerung zuständig
Unterscheidung radioaktiver Abfälle
Brennstoffkreislauf
Immer wieder wird auch behauptet, dass es weltweit kein Endlager für radioaktive Stoffe gibt. Hier ist es wichtig zu unterscheiden, um welche radioaktiven Stoffe es sich handelt. Ich will mich hier im wesentlichen auf hochaktive wärmeerzeugende Abfälle beschränken. Dabei handelt es sich um die weiter unten vom BfS genannten Mengen, die nicht nur aus Kernkraftwerken stammen. Zu bedenken ist ferner, dass die abgebrannten Brennelemente für etwa 30 – 40 Jahre zwischengelagert werden müssen, um die abgegebene Wärme zu reduzieren. Erst dann können sie endgelagert werden. Die Frage nach einem Endlager ist also derzeit gar nicht so drängend, wie immer dargestellt wird. Entgegen der weitverbreiteten Meinung gibt es in vielen Ländern Untersuchungen zur Endlagerproblematik und in einigen Ländern sind Endlager schon in Bau. Auch gibt es experimentelle Endlager seit vielen Jahren.
Alle Forschungen zur Endlagerproblematik, die in Deutschland durchgeführt wurden, werden von den Kernenergiegegnern, die meist keinerlei Kenntnisse über die Problematik haben als nicht existierend oder falsch angesehen. Die Arbeit hochrangiger Wissenschaftler wird dabei als fehlerhaft und politisch motiviert dargestellt. Das ist nicht nur beleidigend sondern nahe an einem Rufmord. Hier kann man nur Bert Brecht zitieren, der in seinem „Das Leben des Galileo“ sagt:
Wer die Wahrheit nicht kennt ist nur ein Dummkopf,
wer die Wahrheit aber kennt und sie Lüge nennt, der ist ein Verbrecher,
gib acht auf dich wenn du durch Deutschland kommst: die Wahrheit untern Rock!
Eine Liste der Endlager ist in http://de.nucleopedia.org/wiki/Liste_von_Endlagern enthalten. Darin werden 120 Endlagerstätten genannt, die in Betrieb, in Planung und still gelegt sind.
Ein Argument, warum die Endlagerung auch hochaktiver Stoffe nicht zu den befürchteten katastrophalen Auswirkungen führt, ist auch der tatsächliche Nachweis, wie er an den Naturreaktoren von Oklo demonstriert wurde.
In Oklo in Gabun lagern seit mehreren hundert Millionen Jahren ca. 4 Tonnen Plutonium unkonditioniert, oberflächennah in einer sehr wasserhaltigen Umgebung, ohne dass es zu den befürchteten Auswirkungen kam. Besser kann ein Nachweis für die Unbedenklichkeit der Enlgerung radioaktiver Stoffe nicht sein.
Ein ausgezeichneter Vortrag über Endlagerung ist in
http://nuklearia.de/wp-content/uploads/2013/11/Praesentation_-_Wohin_mit_dem_Atommuell.pdf
enthalten.
Endlagerung giftiger Stoffe allgemein
Einen ausgezeichneten Artikel zu diesem Thema finden Sie unter:
http://www.kerngedanken.de/2011/01/funktionierende-endlagerung/
Darin werden auch die verschiedenen Untertagedeponien genannt und die unglaublichen Mengen giftiger Stoffe, die in Deutschland ohne großes Aufhebens von „Umweltschützern“ seit Jahrzehnten verbuddelt werden.
Ganz allgemein wird heutzutage der (nichtradioaktive) Abfall in fünf Deponieklassen (DK) eingeteilt. Beginnend bei der Stufe DK 0 für nicht gefährliche Abfälle geht es bis hin zur Klasse DK IV für Abfälle die derart gefährlich sind, dass sie nicht mehr weiter verarbeitet bzw. recycelt werden können und in tiefen geologischen Formationen endgelagert werden müssen. Analog zur Endlagerung von radioaktivem Abfall wird in Deutschland hierbei auf das Wirtsgestein Salz gesetzt. Interessanterweise und im Gegensatz zur Endlagerung von radioaktivem Abfall sind bereits vier solche Untertagedeponien in Betrieb:
Untertagedeponie | in Betrieb seit | Kapazität |
Herfa-Neurode | 1972 | 200.000 t / a |
Zielitz | 1995 | 70.000 t / a |
Heilbronn | 1987 | bis 9 Mio m³ |
Sondershausen | 2006 | bis 1,6 Mio m³ |
Wenn man nun diese Abfallmengen an hochgiftigen Stoffen, die nach Bergrecht – wie in der Asse – und nicht nach dem viel strengeren Atomrecht in diesen Deponien gelagert werden, mit den Mengen an hochradioaktiven Stoffen vergleicht, erkennt man sehr schnell, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.
Insgesamt 28 000 m³ an hochaktiven, wärmeerzeugenden Abfällen bis 2080 stehen dabei den o.g. Abfallmengen gegenüber.
(28000 m³ entspricht etwa einem Würfel von 30 m Kantenlänge um die Größenordnung einmal zu verdeutlichen)
Gesamtanfall endzulagernder Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle durch die Nutzung der Kernenergie | ||
Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle | Menge/Behälter | Abfallgebinde-Volumen in Kubikmeter |
aus der Wiederaufarbeitung | ||
HAW-Glas (CSD-V) | 3.719 Kokillen | zirka 670 |
MAW-Glas (CSD-B) | 140 Kokillen | zirka 25 |
Kompaktierte Abfälle (CSD-C) | 4.104 Kokillen | zirka 740 |
Direkt endzulagernde Brennelemente | ||
aus Leistungsreaktoren | 10.550 tSM (in Pollux-Behältern) | 21.000 |
aus PKA/IKA* | 2.600 Mosaik II Behälter | 3.400 |
aus THTR/AVR** | 457 CASTOR-THTR/AVR-Behälter | 1.970 |
aus Forschungsreaktoren | 65 CASTOR MTR 2-Behälter | 160 |
Sonstige | ||
WAK Karlsruhe u. a. | zirka 900 200-Liter-Fässer | 180 |
Gesamtsumme | 28.100 |